Federgeschichten
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Es war einmal...
... ein Baum. Der stand in einem Garten. Seine Wurzeln reichten tief in die Erde. Seine Rinde
war dick und mit Moos bewachsen. Seine Äste ragten hoch in den Himmel. Er war ein alter
Baum und hatte schon viel erlebt. Viele Vogelfamilien bauten in seinen Zweigen ihre Nester.
Viele Käfer waren in den Rillen seiner Rinde zu Hause. Zwischen seinen Wurzeln wohnten
Maulwurffamilien, Mäusekinder und Blumenknollen.
Auch die Kinder liebten den Baum:
Im Frühling steckten sie sich seine rosa Blüten ins Haar
Im Sommer bauten sie ein Baumhaus in seinen Ästen
Im Herbst sammelten sie seine bunten Blätter
Im Winter schüttelten sie Schnee aus seinen Zweigen
Es war ein glücklicher Baum.
Doch an manchen Wintertagen wurde er nachdenklich. Er sah seinen Freunden, den Raben,
zu. Auf ihren langen Flügen machten sie Rast auf seinen Zweigen. Ihr Federkleid fühlte sich
so weich und warm an. Er aber war kahl und nackt...
Der Baum seufzte. „Du hast es gut“, sagte der Baum zu einem seiner Freunde, „du hast
deine warmen Federn, die dich vor der Kälte schützen. Ich muss hier stehen und geduldig
warten, bis die Sonne meine Blätter wieder weckt.“
„Krah, krah“, rief der Rabe verwundert, „ist dir kalt?“
„Und wie!“, rief der Baum - und ein Schütteln ging durch seine Äste.
Da überlegte der Rabe nicht lange. Er zupfte mit seinem großen, schwarzen Schnabel eine
lange Feder aus seinem Kleid. Die schenkte er dem Baum.
Der Baum lächelte und plötzlich war ihm gar nicht mehr so kalt.
(Text: Monika Specht-Tomann)